Ferry Radax

Portraitfotos 1951 - 1970
29.10.2010 bis 27.11.2010


 

Ferry Radax
Ein fotografisches Werk

Wie formiert sich eine Ansammlung von fotografischen Arbeiten eines Autors zu einem „fotografischen Werk“? Ferry Radax gilt als einer der

bedeutendsten Experimentalfilmer in einer Anfangsphase der Neubestimmung des Filmschaffens in unserem Land. Gleichzeitig entstand eine Unmenge von Fotografien, die einerseits im Umfeld seiner filmischen Projekte anzusiedeln sind, andererseits aber ganz frei, gleichsam „emanzipiert“ vom Film zu sehen sind. Hier setzt der Versuch an, stilistische Grundzüge zu orten oder eine künstlerische Handschrift feststellen, die etwas Spezifisches und Charakteristisches für die Fotos von Radax bedeuten. Mithilfe einer Chronologie, die dort einsetzt, wo sich das künstlerische Potential von Radax zu entwickeln begann, lassen sich vehemente Ansätze und konsequente Fragestellung ausmachen. Der „Art Club“ war die bedeutendste Künstlergemein-schaft der frühen Nachkriegsjahre. Hier fanden die verschiedensten Künstler Austausch und Anregung im Kollegenkreis, hier konnte sich so etwas wie ein „neuer Geist“ entwickeln, der angereichert war mit Jazz-Musik und fantastischen Bildern, erregten Disputen und kubischen Skulpturen, mit ausgelassenen Festen und den ersten Abstraktionen. Eine Unmenge von dekorativen Persönlichkeiten gehörte zum Umkreis – und ihr Fotograf war Ferry Radax. Für ihn waren die mitgebrachten Mädchen, die jungen Schauspieler und Adabeis, der allseits beliebte Schneider Gyuri Adriani, die wagemutigen Literaten ebenso wie die Maler-Protagonisten der Szene die unbekümmerten Modelle seiner ersten Fotografien. Er fotografierte aus der Hand, ohne Licht und Stativ, meist im stockdunklen „Strohkoffer“ und war froh, wenn jemand eine Zigarette anzündete und damit Licht in das Gewirr von Armen und Beinen, von Körpern und Dekorationen, von Profilen und Musikinstrumenten brachte. Die Doppelbelichtung war neben den stark konturierten Silhouetten sein Markenzeichen und vielleicht der erste Ansatz zur filmischen Auflösung von simultanen Bildern und der Darstellbarkeit von Zeit im bildlichen Kontext.

Radax hatte ohne es zu wollen, einen magischen, poetischen und doch konzeptuell organisierten Stil entwickelt, dem er mit seiner brachialen „Schneidetechnik“ noch zusätzliche Dramatik verlieh: die Schere war das Mittel der Wahl und bestimmte über wichtig und unwichtig im Bild.

Margit Zuckriegl