Alexandra Marati.

ASPHYXIA
04.11.2009 bis 28.11.2009



Beim Betrachten der Werke von Alexandra Marati machen wir uns, aus dem Chaos ausgehend, auf den Weg eines konzeptuellen Kunstabenteuers zu schwebenden, bürgerlichen Welten mit eigenartigen Geschöpfen und deren persönlichen Obsessionen.
Die kreative Auseinandersetzung bei der Entstehung der Werke entwickelt als Grundlage ein ausgeprägtes theoretisches Fundament in Form langjähriger Recherche sowie vielfältiger Untersuchungen des eigenen künstlerischen Sprachidioms. Die Arbeiten verweisen oftmals auf einen sozialen, ökologischen, philosophischen und politischen Hintergrund, wobei auch Fragen der Identität sowie der Rekonstruierung von Macht und Ordnung gestellt werden. Die Künstlerin kommt einer psychoanalytischen Heraus¬forderung nach, indem sie mit Symbolen und Assoziationen schwebende und vieldeutige Argumente heraussucht, ausgestattet mit dem Kanon gegenwärtigen Verhaltens.
Wir verfolgen unmittelbar den durchdachten, inhaltsreichen Kommentar gegenüber Mechanismen, den Aufbau von Methoden einer katastrophalen Autorität, Macht und Kontrolle auf das Reale sowie das Irreale, eine Anklage gegenüber der passiven Akzeptanz der Zerstörung, wobei eine soziale Unsicherheit ohne Beschönigungen oder Analgetika aufgedeckt wird.
Bereits die Verwendung von Spray-Lack verweist auf Praktiken der Straßenkultur, auf künstlerische Revolte und Widerstand, wie sie der „street art“ eigen ist, wobei der Gebrauch von starken, exaltierten Farben, vor allem eines verseuchenden Grüns, trotz seiner aquarellistischen Verwendung, entspannend wirkt und die bevorstehende Katastrophe ankündigt.
Figuren und Objekte, dargestellt in harten, offensiven Formen, erinnern an Science-Fiction-Filme. Diese Figuren und Objekte ersticken im Rahmen ihrer verseuchten Leinwand oder vom Gewicht voluminöser Plakatfarben, die schwer auf ihnen lasten. Oft spielt der Raum eine zentrale Rolle bei der Gestaltung und Aufteilung der Malfläche sowie auch bei der Struktur des Narrativen.
Fenster – metaphysische Entfliehungsöffnungen – im Raum¬zusammenhang mit den menschlichen Gestalten, eingefügt inmitten eines eigenartigen theatralischen Dämmerlichtes, verleihen eine Schrecknuance.
Die Geschöpfe von Marati, auf der verzweifelten Suche, sich von der Masse zu lösen und sich selbst zu bestimmen, sind Alltagsleute mit einer Miene von Bitterkeit, von Unzufriedenheit, Gestalten eines Sisyphus-Kampfes in einer Welt, die nur irrationale Lebenskräfte gutzuheißen vermag.
Ihre Werke gleichen einer Chimäre und präsentieren ein persönliches Zeichen gegen einen alltäglichen Gefühlsbetrug.
Sie wenden sich gegen die herrschenden, unvermeidlichen Relationen zwischen Passivität und Aggressivität, gegen Unterwerfung und Gewaltherrschaft in einer Umwelt der ewig präsenten Zwangssituationen, die jegliche Selbstachtung auslöschen und unverfälschte Kommunikation zerstören. Sozial akzeptables menschliches Verhalten erlahmt und der Mensch wird in eine Bestie oder einen Idioten verwandelt.
Die Ignoranz soll durch einen starken, erstickenden Geistesprozess und eine Unruhe für die infizierenden Attacken gegen die negative Lebensseite, oder gegen den Menschen selbst, bezwungen werden.
Durch den vorgenommenen Einblick sollen die Werke den Menschen, momentan und quasi unbeachtet, in die reelle Existenz des Sichselbst zurückbringen, gegen die Routine und die monotone Vorhersagbarkeit, gegen die zum Schein nur untergrabende Utopie, wie sie sich im Kopf des ideologisierten und historifizierten westlichen Geistes entwickelt.
Unmittelbar ist hier die Rede über das Abenteuer eines Gedankens, der sich an das kollektive Gewissen und Gedächtnis wendet, indem er darstellt, anklagt, andeutet, kommentiert, sich sarkastisch ausdrückt mit einem recherchierten spielerischen Gemüt und einem stummen, ironischen Lachen.
Die Künstlerin, eine ausbrechende (explodierte) Abtrünnige, drückt die Grobheit der Gesellschaft und ihre oberflächlich unbeschwerte Position vor der Selbstzerstörung aus, die das Weiterleben unserer persönlichen Freiheiten und unserer Jugendvisionen verurteilen.

Maria Kenanidou, Kunsthistorikerin
Die Bearbeitung der deutschen Übersetzung von Manfred Chobot

die in Thessaloniki lebende Künstlerin studierte 1994-2000 bei Prof. Christian Ludwig Attersee

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft der Griechischen Botschaft