Walter Moroder

Objekte aus Holz
21.03.2025 bis 09.05.2025


Vernissage
Donnerstag: 20. März 2025, 18 – 20 Uhr
Zur Eröffnung spricht
Hans Peter Haselsteiner um 18.30Uhr

Das Werk des Bildhauers Walter Moroder verfolgt seit bald dreißig Jahren eine überaus beharrliche Konsequenz. Zuerst hat Hans-Joachim Müller im Jahr 2007 mit einer Monografie auf die prägnante Position inmitten der allgemeinen Auflösung der Gattungsgrenzen der Kunst aufmerksam gemacht.1 Bei seiner medialen Vielfalt gebietet sich eine Schwerpunktsetzung auf die Skulptur, die sich von allem Anfang an mit den in der Gegenwartskunst tatsächlich ziemlich verbrauchten Möglichkeiten einer zeitgemäßen menschlichen Figuration beschäftigt.
Unter der dominanten Geltung der Skulptur und Figur im Gesamtwerk – und wohl auch mit der Absicht, diese zu erweitern – beschäftigt sich Walter Moroder mit einer Prüfung von technisch Verschiedenem, was sich in Zeichnungen, grafischen Arbeiten auf Papier oder auf Wachstafeln und in Fotoarbeiten niederschlägt. Die Bearbeitung von Fläche und Material erlaubt materielle Abdrücke und Bildformen mit unterschiedlichen Botschaften zwischen „gefunden“, „verborgen“ oder „aufbewahrt“ und mit Spuren einer flüchtigen Urheberschaft und revidierten Rolle des Autors.

Seit Walter Moroder in den Jahren der Jahrtausendwende – nach einer markanten Standortbestimmung – sich von seinem Frühwerk emanzipiert hat, 5 konfrontiert er uns mit visuellen Botschaften von unbedingter Eindringlichkeit und Bestimmtheit. Dass sie ihre Affinität zur klassischen Skulptur nicht verbergen, schmälert nicht die eigene Leistung, sich von den großen künstlerischen Ausdrucksformen der Bildgeschichte wie der lokalen kunsthandwerklichen Tradition zu lösen und an einer Aktivierung der Beziehungen zwischen dem Künstler als Autor, dem Kunstwerk als Medium und uns als Adressaten in unserer Lebenswelt zu arbeiten.
Will man die ganze Faszinationskraft dieser Figuren ermessen, muss man ihnen eine offene und eben ambivalente Wesenhaftigkeit einräumen, nämlich eine sinnliche Erlebnishaftigkeit und bildhafte Entgrenzung in Gestalt einer leblosen Materie, die sich in ihrer körperlichen Endlichkeit und formhaften Geschlossenheit exponiert und uns zur Schau stellt.7 Das lässt sich auch als Negation verstehen, sobald man bemerkt, welche Herabsetzung diese Körper erleiden, wenn wir sie zwecks Herstellung von Evidenz bloß gegenständlich und losgelöst von dem Unsichtbaren, das wir als Geist, Seele, Verstand oder Psyche bezeichnen, anschauen und denken.
Wie der menschliche Körper in der sozialen Wirklichkeit sind diese Figuren vieles zugleich: real und imaginär, verletzlich und autonom, Inneres und Äußeres, Individuum und Kollektiv, Subjekt und Objekt, denn sie beanspruchen – so wie lebendige Existenzen – die Eigenschaft, ähnliche Anmutungen oder analoge Energien zu wecken, aber nicht, ohne neben der anfänglichen Verbundenheit und Ergriffenheit auch für Entzauberung und Ernüchterung zu sorgen.
Diese Figuren behaupten in ihrer Autonomie ein diskretes Eigenleben im Hier und Jetzt, für welches allerdings die Anwesenheit von lebendigen Existenzen erforderlich ist, die mit ihrer eigenen Aktivität auf die imaginäre Belebtheit einer unbelebten Materie reagieren. Es handelt sich um Anschauungsobjekte mit einer menschlichen Innerlichkeit und Ähnlichkeit. Aber zugleich sind es Figuren, die niemand sind, keine Personen mit einem leiblichen Körper, keine namentlich identifizierbaren Individuen, die dem Publikum irgendwelche Leidenschaften zu bieten hätten. Jedes einzelne dieser Geschöpfe erweist sich als das Selbstbildnis einer menschlichen Ich-Figur ohne Widerspiegelung einer externen Realität, der eine Referenz auf etwas außer sich selbst zukommt, in der ein Betrachter sich wiederfinden oder verlieren kann.
© Markus Klammer

Walter Moroder
1963 geboren in St. Ulrich in Gröden, Südtirol
1983-88 Studium bei Prof. Hans Ladner an der Akademie der Bildenden Künste, München. 
Lebt und arbeitet in St. Ulrich.