Nur einigen wenigen ist bekannt, dass der Zeichner Karl Anton Fleck (ebenso wie Egon Schiele) auch beachtenswerte Gedichte verfasste. Keines wurde zu Flecks Lebzeiten veröffentlicht. Dennoch hat er sich über Jahrzehnte lyrisch ausgedrückt.
Gelegentlich schrieb Fleck ein paar davon für Freunde und Freundinnen ab, um dem oder der Beschenkten mit diesen Autographen Freude zu bereiten.
Stets schrieb Karl Anton Fleck seine Gedichte in Großbuchstaben. Er schrieb sehr schnell und mit geübter Hand. Selbst für Alltägliches verwendete er meist Majuskeln. Hinter den Gedichten verbirgt sich der Zeichner, der seine Welt in Farben und Formen wahrnimmt. Auf der anderen Seite der Musiker, der Töne in das Medium der Sprache umsetzt.
Ständig zu experimentieren, sich in anderen Kunstsparten zu äußern, war für Fleck nicht bloß eine Selbstverständlichkeit, sondern eine künstlerische Notwendigkeit.
Mit den Tendenzen der zeitgenössischen Lyrik war Fleck bestens vertraut – von der Dialektdichtung bis zur Konkreten Poesie. Zitate aus der Poesie anderer Länder und Zeiten finden sich in seinen Aufzeichnungen.
Flecks Dialektgedichte sind kurz und prägnant. Meist nur ein einziges Wort in jeder Zeile. So manches Gedicht kann als Notiz für eine später auszuführende Zeichnung gelesen werden.
Besonders markant zeigt sich dies in einer Reihe von Prosagedichten, die im Umfeld seiner „Speisebilder“ entstanden sind, indem Fleck seine witzig-ironische Ader offenbart. In der Art von Kochrezepten spielt Fleck mit diesem Genre, verfremdet die bekannten Strukturen. Der Schalk sitzt ihm im Nacken. Diese Texte lassen sich auch als minimalistische Anweisungen zu Fluxus-Inszenierungen interpretieren.
In seinen Gedichten gibt Karl Anton Fleck vieles preis, was er in Gesprächen zu verbergen wusste.
Manfred Chobot
Karl Anton Fleck
Geboren am 9. Juni 1928 in Wien, gestorben am 5. Dezember 1983 in Wien
Lehre im graphischen Gewerbe, Tiefdruckretuscheur, sowie Studium am Institut für Jazzmusik (Schlagzeug). Auftritte mit avantgardistischen und Free-Jazz-Musikern, etwa den „Masters of Unorthodox Jazz“ (Muhammad Walter Malli, Fritz Novotny und anderen).
1953 – 1958 Aufenthalt in Schweden
1962 Erste Einzelausstellung in der Galerie „Zum Roten Apfel“ in Wien
1971 „Bildnisse“, Wiener Secession
1973 Mitglied der Wiener Künstlervereinigung „Der Kreis“, ab 1978 Vizepräsident
1973 Verleihung des Theodor-Körner Preises; 1. Preis im Wettbewerb „Der Mensch und die Stadt“ (Künstlerhaus Wien); 1. Preis im Wettbewerb „Die Bahn heute“; Anerkennungspreis der Galleria dell’Ore, Mailand
1974 Teilnahme an der Grafik-Biennale in Florenz
1978 Einzelausstellung anlässlich seines 50. Geburtstages im „Museum des 20. Jahrhunderts“ („20er Haus“) in Wien
1980 Preis der Stadt Wien für Grafik
1982 Nach Auflösung der Künstlervereinigung „Der Kreis“ Mitglied der „Wiener Secession“
5. Dezember 1983 unerwarteter Tod in seinem Atelier
2005 große Retrospektive im Wiener Leopold Museum
Seit 1987 verfügt die Galerie Chobot über die Werknutzungsrechte von Karl Anton Fleck
Neben einer großen Anzahl von Porträts, Stadtbildern und Landschaften sowie Akten, die in seiner Gesamtschaffenszeit von 1950 bis 1983 entstanden sind, gewinnen ab Mitte der 60er Jahre die Themen über Strategien und das Konsumverhalten der westlichen Welt, Gedanken zur Identität sowie Fragen zur Umweltpolitik an Bedeutung, die Karl Anton Fleck in seinem Bilderuniversum zum künstlerischen Programm macht. Er zeichnet grotesk mutierte Geschöpfe, wie Gehirnadapter, Industriehund, Observatorvampir, bei denen die Unschärfe der Grenzen zwischen menschlichen Wesen und einem technischen oder animalischen „Ding“ lesbar wird.
Flecks Werke befinden sich in Privatsammlungen sowie in Museen und Kunstinstitutionen, wie Leopold Museum, Rupertinum (Salzburg), Albertina, Artothek des Bundes, Kulturamt der Stadt Wien, Sammlung Essl (Klosterneuburg), Museum Liaunig (Neuhaus, Kärnten), Kunstmuseum Hälsingborg (Schweden), Bauholding STRABAG und MOMA (New York).
Literatur: Karl Anton Fleck: „Anthropologische Maschine.“ (Hg. Romana Schuler.) Wien: Leopold Museum, 2005
Karl Anton Fleck: „Hinter jedem Gesicht versteckt sich Gott.“ Gedichte und Filmmontagen (Hg. Manfred Chobot). Brunn am Gebirge: art & print und Wien: Galerie Chobot, 2005